Mandela – Der lange Weg zur Freiheit
von Singler am 16.01.14 um 06:55
Antwort auf: Der Film-Thread: Kino, DVD, Blu-Ray ... sucht's Euch aus von Mash

Sneaks sind immer für eine Überraschung gut... diesen Montag lief in unserem Kino Mandela und um es kurz zu machen: Der Film ist Mist.

Beginnen wir von vorn. Rekapitulation: Mandela ist in Südafrika der vierziger Jahre Rechtsanwalt. In einem Land mit Rassentrennung, offenem Rassismus und Chancenungleichheit ein Job auf verlorenem Posten. Er gewinnt zwar hier und da, aber im wird von allen Seiten klar gemacht, dass er als "Kaffer" bzw. "Boy" nichts zu sagen hat. Also wird er politisch und irgendwann - als das Apartheid-System immer rigider wurde, geht er gar in den terroristischen Untergrund. Bomben hier, Tote da, am Ende wird er geschnappt und geht lebenslang ins Straflager auf Robben Island. Jahre später kommt er wieder frei, wird Symbol der Schwarzen Bevölkerung, kann einen Bürgerkrieg abwenden und wird Präsident.

Soweit die Realität. Der Film passt sich dem an, verschweigt aber vieles und ist nicht in der Lage, Zusammenhänge logisch zu erklären und Gründe darzulegen, wieso einige Personen so handelten, wie sie handelten.

Als Beispiel sei genannt, dass der Film impliziert, das Mandela nicht an Anschlägen beteiligt war, die Menschenleben forderte (bis auf Verluste in eigenen Reihen). Zumindest kam dies im Film so nie zur Sprache. Es gab Explosionen, doch die Polizeistation, die in die Luft flog, war leer, die Fabrikanlage (oder wars ein Kraftwerk?) war auch reichlich menschenleer.

Zudem fehlt seine gesamte "kämpferische" Vorgeschichte bis zum Zeitpunkt seines bewaffneten Widerstandes als friedfertiger aber kommunistischen Führers des ANC und seinen Haftstrafen in dieser Zeit. Stattdessen wurde mehr auf die Frauengeschichten von Mandela wert gelegt.

Auch wurde das Massaker von Sharpeville seltsam dargestellt. Ich habe mich da mal bei Wikipedia (ja, ist kein Garant für historische Korrektheit) reingelesen. Dort steht, dass die Schwarzen eher friedlich waren, es aber ein paar Radaubrüder gab, die Steine schmissen. Ein Befehlshaber dann den Feuerbefehl gab und es zu hunderten Toten kam. IM FILM sah es so aus, als ob ein aggressiver Mob versucht, die Polizeistation zu stürmen und die Polizei aus einem Mix aus Verachtung der Schwarzen gegenüber und verständlicher Angst das Feuer eröffnete.

Womit wir bei der Intention einer Figuren kamen. Ein historischer Fakt ist, dass auf Robben Island Schwarze kurze Hosen tragen mussten, während zB Inder oder Weiße lange Hosen tragen durften. Der Film-Mandela nahm sich dann vor, diesen Umstand zu beseitigen. Es kam irgendwann zu einem Gespräch mit dem Gefängnisleiter, der ablehnte und ihm eine Story erzählte, wieso ihm nicht interessiere, was mit dem Gefängnis und seinem Job passiere. Jahre später kam es zu einem weiteren Gespräch zwischen den beiden und Mandela wiederholte die Gründe des Leiters, um ihm zu überzeugen, früher in Rente zu gehen. Auf die Frage, woher Mandela diese Infos habe, antwortete Mandela, dass er selber es ihm sagte. Schnitt: Es werden lange Hosen verteilt. Keine Logik, kein Sinn hinter der Aktion. Null...

Womit wir noch bei einem anderen Kritikpunkt wären: Zeitliche Abfolge. Es ist fast nie klar, wann bzw. zu welchem Zeitpunkt etwas passiert. Ab und zu steht eine Jahreszahl da, aber dass ist eher irrelevant. Ich wusste zB nie, wie lange der Kampf um die langen Hose dauerte. 2 Jahre, 10 Jahre? Keine Ahnung. Wie lange war Mandela in einem nordafrikanischem Ausbildungscamp für Nachwuchs-Terroristen? Ne Woche, ein Jahr? Wie lange war er im Untergrund? Nichts, keine Infos.

Womit wir beim letzten Punkt wären: Mir ist nach dem Film nicht klar, wieso Mandela während der Haft als Held bzw. Messias gefeiert wurde. Laut Film hat er ein bisschen gebombt, ein paar Reden gehalten und war im Untergrund. Er kam nach Robben-Island, keiner hatte groß Kontakt zu ihm und eigentlich hätte er da vergessen werden sollen. Doch aus irgendeinem Grund feierte das Ausland Mandela - das Wieso blieb der Film aber schuldig, denn dafür wurde der Charakter einfach nicht ausgiebig genug erklärt.

Da ist also ein Kämpfer gegen die Apartheid, der rumbombt, gefangen genommen wird und auf ewig in eine Zelle gesteckt wird. Aus mystischen Gründen wird sein Name aber international zum Synoym gegen die Apartheid. Dann nach Jahrzehnten, wird er vom Präsidenten Südafrikas begnadigt in der Hoffnung, so einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Mandela macht dann eine Ansprache im Fernsehen und alle haben sich wieder lieb. Und kurze Zeit später ist er Präsident.

Leider ein sehr enttäuschender Film. Die besten Szenen sind die Fotos im Abspann, in dem der echte Mandela gezeigt wurde. Denn sein mächtigste "Waffe", sein entwaffnendes Lächeln, wurde nicht gezeigt. Dem Film-Mandela fehlte jegliches Charisma...

Der "Invictus"-Mandela, dargestellt von Morgan Freeman konnte zumindest erahnen lassen, was für ein Mensch er war und wie wichtig er für das Land und die Leute war. Dieser hier lässt mehr Fragen offen als er Antworten geben kann.

3,5/10, weil der Film tolle Landschaftsaufnahmen hatte.

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