Auch durch (quasi)
von Triggerhappy am 15.02.16 um 20:06
Antwort auf: Ladezeiten & Ende von Schallmauer

So, jetzt noch mal mit weniger Schaum vor dem Mund meine abschließenden Eindrücke. Ich bin nicht ganz durch, aber ich habe derzeit echt keinen Nerv, die letzte Mission noch zu Ende zu bringen. Den letzten Versuch habe ich nach drei Stunden (!) abgebrochen. Insgesamt hatte ich laut Steam 30 Stunden Spielzeit. Finde ich okay. Alles in allem für mich ein "Gut", aber kein "Sehr gut" und schon gar kein 90er. Also meine unsortierten Gedanken:

- Kampfsystem. Finde ich eher schwach, wie schon gesagt. Finde die Trefferchancen und vor allem Schusslinien oft nicht nachvollziehbar. Man sieht das bei Zooms ja recht gut: Die Jungs und Mädels feuern mitunter durch Hindernisse hindurch oder in völlig unmöglichen Winkeln. Bewegung und Entfernung haben keinen beziehungsweise zu geringen Einfluss auf die Trefferchancen, ebenso Flankierung. Ich kann einfach nicht abschätzen, wo ich vernünftig Deckung finde oder wohin ich meine Leute bewegen muss, damit sie besser treffen. Das war auch ein Grund, warum ich die Scharfschützen so schwach fand. Bei mir waren fast alle Missionen in stark bebauten Gebieten angesiedelt. Ich konnte die Sniper selten so platzieren, dass sie den Rest meiner Gruppe vernünftig unterstützen konnten. Ulkigerweise sind die Sniper, wenn man sie voll auf Pistolen trimmt, richtig gut: Müssen nicht nachladen und ballern mit Sonderfertigkeiten mindestens ein Ziel pro Runde um, teils auch mehrere (Face Off). Dass es kein Sichtsystem gibt, ist eine echte Enttäuschung. Sobald man einmal "entdeckt" ist, bleibt die komplette Gruppe sichtbar und wird attackiert, sobald sie sich in den (natürlich nicht dargestellten) Aggro-Radius einer Gegnergruppe bewegt. Ausnahme sind die Ranger, die dann als Scouts halbwegs brauchbar sind, allerdings kann man den Sichtvorteil nur selten ausnutzen. Was sonst noch? Es gibt keine Verwundungen (in dem Sinn, dass sie während der Mission nachteilig wären). Overwatch ist selten brauchbar (beziehungsweise ist Offensive der Defensive praktisch immer vorzuziehen). Es macht den Gegnern nichts aus, wenn sie im Lauf eine MG-Garbe in die Fresse kriegen, sie stürmen einfach weiter auf dich zu. Overwatch hilft auch nur gegen Bewegungen, nicht aber, wenn Gegner aus der Deckung feuern. Warum? Und warum hat Overwatch einen Treffermalus? Warum warten die Jungs dann nicht wenigstens, bis sie halbwegs sicher Treffen? Oder schießen nicht alle auf das gleiche Ziel? Seufz.
- Die Heavies fand ich im Vergleich zu den übrigen Klassen übermächtig. Warum? Naja, die Jungs haben bis zu vier Granaten. Und Granaten haben im Gegensatz zu Feuerwaffen 100 % Trefferchance. und sie schreddern Panzerung, zerstören Schilde, zerlegen Hindernisse/Deckungsmöglichkeiten, können Feuer und andere Dots auslösen. Und wenn die Granaten mal alle sind, naja, dann haben die Heavies noch Sperrfeuer, Kugelhagel und andere Tricks, die enorm viel Schaden machen, sicher treffen, Debuffs verursachen etc. Haben die Jungs irgendwelche Nachteile? Nicht dass ich welche gefunden hätte. Im Vergleich dazu sind beispielsweise die "Hacker" (Namen vergessen) eigentlich nur als Supporter brauchbar. Die PSIs habe ich nicht ausprobiert. Hatte die Forschung erst kurz vor der letzten Mission abgeschlossen und dann keinen Platz mehr für das Ausbildungszentrum.
- Der Schwierigkeitsgrad ... ohje. Die erste Handvoll Einsätze sind knüppelhart. Dann hat man irgendwann die Trainingskammer, erweitert seine Squad von vier auf sechs Personen und der Rest ist (bis zur letzten Mission) plötzlich nur noch halb so schwer. Warum? Naja, üblicherweise kämpft man gegen Dreier- oder Vierergruppen auf Gegnerseite. Wenn vier gegen vier antreten, schaltet man fast unmöglich alle binnen einer Runde aus. Bei sechs gegen vier ist das dagegen eher die Regel als die Ausnahme. Klar, die Gegner werden stärker, aber das eigene Arsenal eben auch.
- Natürlich ist das auch das Ziel, den Gegnern keine Möglichkeit zum Zug zu lassen, denn insbesondere die späteren Gegner haben absolut lächerlich übermächtige Attacken, die schon mal das halbe Team treffen. Besonders geliebt habe ich die Säureroboter (Ach, du freust dich, dass ich tot bin?), die Codexe und Avatare mit ihrer dämlichen Klonerei/Teleportation und die Jungs mit dem Mehrfachraketenwerfer (Name vergessen). Das einzige Mittel gegen die Gegner ist eben, sie auszuschalten, bevor sie ihren Cheat-Mode anwerfen. Das hat aber zur Folge, dass sich selten richtige Feuergefechte über mehrere Runden. Stattdessn kämpft man sich von Überfall zu Überfall und lädt halt neu, wenn was schief geht. Ich habe für drei oder vier Missionen mal versucht "einfach so" zu spielen, ohne dauernd neu zu laden, danach war mein ganzes Roster (ich glaube, 18+ Leute) verwundet. Wozu ist die Heilung in den Missionen eigentlich gut? Dass Leute in einer Mission abkratzen, passiert selten bis nie, und verwundet sind sie hinterher ja auch, wenn man sie geheilt hat ... Also wozu?
- Zeitlimits/Stress: Ich fand das Ding am Anfang wirklich super stressig. Ständig geht irgendwo ein Alarm los: Tu dies, mach jenes, wir haben zu wenig hiervon, zu wenig davon. Ja, klar, die Hälfte davon kann man getrost ignorieren - bloß weiß man das am Anfang eben nicht. Erst so ab der Hälfte der Kampagne hat man das Gefühl zu agieren, statt ständig nur zu reagieren. Dann wird's fast schon gemütlich. Mit dem Avatar-Project hatte ich seltsamerweise keine Schwierigkeiten. Wenn ich mich recht entsinne, war die Gegenseite nur bis auf zwei Felder an die Endmarke rangekommen, bevor ich den Fortschritt wieder zurückgesetzt habe. Nach dem ersten Raid ging's relativ schnell. Ich nehme an, fast schon zu schnell, denn ich hatte am Ende noch relativ viele Forschungsprojekte offen.
- Das bringt mich zum nächsten Punkt: Auch bei der Forschung weiß man nicht wirklich, was wichtig ist, teils nicht mal, was am Ende rauskommt. Für welche Klasse ist das Projekt denn jetzt? Wer kann die Rüstung tragen? Was ist Voraussetzung für Fortschritt X? Da hätte man die Beschreibungen ruhig etwas weniger blumig und dafür konkreter formulieren können. Ein gutes Beispiel für das "Hä?" hat Schallmauer gebracht: Die Abwehr-Erweiterung. Als mich das UFO erwischt hat, war die noch im Bau. Und als sie dann fertig war, hatte ich keine UFO-Encouter mehr. Verschwendete Zeit, vergeudete Ressourcen.
- Spielfluss/Interface: Kein Wunder, dass eines der beliebtesten Mods "Stop Wasting My Time" heißt. Die dauernden Unterbrechungen sind fürchterlich nervig. Das Spiel ist vollgestopft mit unnötigem Eye/Ear Candy. Dauernd blödsinnige Animationen: Meine Scharfschützin schlägt viermal hintereinander das gleich Fenster ein, bevor sie feuert. Ständig wird einem die Kontrolle aus der Hand genommen. "Da, schau, da sind Gegner! Da fahre ich jetzt die Kamera drauf und du kannst fünf Sekunden lang nix machen!"  Ulkigerweise verpasst die Kamera dabei oft tatsächlich Wichtiges: Hat die Attacke gerade getroffen? Wohin zieht der Gegner? "Nee, ich zeige dir lieber diese hübsche Wand." Allein schon das ständige Rumgezoome und Hin- und Hergespringe in der Basis. Narf.
- Womit wir bei der Basis wären. Selten so ein unkomfortables, verschachteltes Interface gesehen. Dauernd muss man hierhin und dorthin, dieses und jenes kontrollieren. Warum gibt es beispielsweise zwei verschiedene Equipmentbildschirme? Warum brauche ich drei Klicks, um meine Waffenmods zu sehen?
- Apropos Waffenmods: Es könnte gerne etwas weniger Zufall bei Drops und Missionen geben. Ich habe beispielsweise in der gesamten Kampagne nur zwei von den Personal Sims gefunden, die die Einheiten-Stats aufwerten. Davon war nur einer brauchbar (der andere war +Willpower/Psi). Meine Waffenmods waren bis zur Hälfte ebenfalls nicht zu gebrauchen.
- Und bei den Missionen ist halt auch eine gute Portion Zufall im Spiel. Ich hatte beispielsweise eine VIP-Extraction, die praktisch nicht zu schaffen war. Ich habe nachgezählt: Capture und Extraction Point waren so weit auseinander, dass ich insgesamt nur drei Runden Zeit zum Kämpfen hatte. Davon gingen zwei für das Einholen des VIPs selber drauf. Und dann landet natürlich eine Alienpatrouille direkt zwischen mir und dem Exit. Bleh. Habe die Mission neu gestartet (also einen früheren Spielstand geladen, dann noch mal ins gleiche Gebiet geflogen) und hatte ein völlig anderes Einsatzgebiet mit deutlich komfortablerem Zeitlimit (beziehungsweise kürzeren Laufwegen).
- Das Spiel hat einen erstaunlichen Hardware-Hunger. Selten, dass mein Grafikkarten-Lüfter dermaßen aufdreht. Das Runterdrehen der Details auf Mittel hat exakt gar nichts gebracht. Es gibt immer mal wieder unerklärliche Hänger und Denkpausen. Crashes hatte ich insgesamt nur zwei, wenn ich mich recht entsinne.
- Gäbe noch mehr zu berichten, aber jetzt ist auch mal gut. Ich weiß nicht, ob ich die letzte Mission noch mal probiere. Mir ist etwas die Lust vergangen angesichts des Leveldesigns der Marke "Wir scheißen den Spieler einfach mit zwei Dutzend Gegnern gleichzeitig zu, davon drei PSIs mit Teleport und Gedankenkontrolle."

Insgesamt echt enttäuschend, aber vielleicht hatte ich auch zu viel erwartet. Falls es jemand noch nicht gespielt hat und trotzdem Lust hat: Man kann sich wahrscheinlich viel Frust ersparen, wenn man es im niedrigsten Schwierigkeitsgrad spielt (ich war auf Veteran, darüber gibt's noch zwei) und vorher einen Guide liest, um die anfängliche Konfusion zu lindern und Fehl-Investitionen bei Forschung, Bau und Training zu vermeiden.

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