Re:PKV vs. GKV - oder umgekehrt
von Border am 12.04.16 um 09:55
Antwort auf: PKV vs. GKV - oder umgekehrt von Border

Erst mal: danke an alle!

Ich habe absichtlich erst mal ein paar Tage abgewartet, um zu schauen, wie die Rückmeldungen so aussehen.

Ich hatte in letzter Zeit einige Beratungsgespräche und ich komme immer wieder zu dem Schluss, dass es dicke Haken geben muss, wenn man für weniger Geld plötzlich mehr Leistungen und kürzerer Zeit erhalten kann. So etwas _kann_ es einfach gar nicht geben.
Dazu kommt noch, dass die Leistungen nur denen angeboten werden, die die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, sprich: mehr als Betrag X jährlich verdienen. In erster Linie ist es also genau das, was das Image sagt: eine Versicherung für Bürger höherer Klasse. Das widerstrebt mir schon mal. Bei Selbstständigen, Künstlern und Beamten sehe ich das ja noch irgendwie ein. Da werden schnelle und umfassende Leistungen benötigt, weil jede Minute die Geldbörse nun mal mindert. Aber in meinem Fall habe ich beschlossen, dass ich freiwillig gesetzlich Versichert bleiben werde.

Das hat aber auch mit dem Wohnortwechsel von Köln ins Ruhrgebiet zu tun. Ich habe zum Glück nach zwei Jahren hier noch keinen Arzt aufsuchen müssen (abgesehen von Kontrollbesuchen beim Zahnarzt), also kannte ich die Situation hier gar nicht. Ich habe allerdings durch Freunde und Bekannte in letzter Zeit viel Rückmeldung bekommen. Arzttermine (auch bei Fachärzten) sind hier absolut nicht zu vergleichen mit Köln (und wahrscheinlich anderen Großstädten).

Was teilweise von euch beschrieben wurde, kann ich aus Köln ebenfalls bestätigen. Meine Frau und ich haben uns 2013 sogar mal einen Spaß daraus gemacht, das "Kastensystem" der Versicherten zu verarschen. Meine Frau brauchte dringend einen Termin bei einem Sportmediziner. Von 3 angerufenen Praxen kam 2x gleich zu Beginn die Frage nach dem Versicherer und anschließend die Aussage "Puh... unter 6-8 Wochen geht da leider gar nichts." Bei dem anderen kam raus, dass er gar keine ges. Kassenpatienten behandelt. Nachdem ich so stinkig war, dass meine Frau keinen schnellen Termin bekommen konnte, habe ich bei einem der beiden vorherigen Ärzte angerufen und als Versicherung die DEBEKA angegeben. Der Termin für meine Frau war am darauffolgenden Morgen. Als sie dann vor Ort war, saßen dort im Wartezimmer 3 Personen. Als sie von der Arzthelferin nach ihrer Karte gefragt wurde, legte sie ihre AOK Karte vor, was dann natürlich erst mal für Verwunderung sorgte. "Sagten Sie nicht DEBEKA?". Meine Frau antwortete: "Ja, mein Mann... ich selbst bin bei der AOK." Tatsächlich sagte die Dame darauf: " Na gut... es ist heute nicht sehr viel los. Dann wollen wir mal eine Ausnahme machen. Ich nehme aber jetzt ihre Daten auf. Beim nächsten Mal müssen Sie bitte daran denken, dass Sie bei der AOK sind." Meine Frau antwortete: "Sie meinen, ich muss mich darauf einstellen, mit den gleichen Symptomen und menschlichen Eigenschaften eines Privatversicherten plötzlich 6 Wochen warten zu müssen?" Das war der Dame dann etwas zu unangenehm und sie sagte nur: "Was soll ich sagen? Ja? Nein? So ist das eben. Ich suche mir das ja hier nicht aus." Meine Frau antwortete: "Doch, genau das tun Sie!" Und dann kam nichts mehr.

Mittlerweile ist es ja so, dass man binnen 4 Wochen einen Termin erhalten muss. Sonst kann man sich auch an die Krankenkasse wenden. Dennoch finde ich 4 Wochen und einen Tag schon mehr als unterschiedlich. Nun benötigte meine Frau letzte Woche einen Termin bei einem Rheumatologen. Hier scheinen die Uhren wirklich etwas anders zu ticken. Der Termin wurde ihr für die kommende Woche zugesagt. Gut... als Privatpatient hätte sie wahrscheinlich am Folgetag kommen können, aber mit einer Woche kann ich leben. Und sie auch.

Jedenfalls sehe ich einfach nicht ein, Privatpatient zu werden, nur damit ich bevorzugt behandelt werde. Es ging mir in erster Linie um die Kostenersparnis (immerhin gut 120 EUR netto) beim Wechsel in die PKV. Und gestern gab's dann den letzten Anstoß, doch in der Gesetzlichen zu bleiben. Meine Frau geht derzeit einmal in der Woche zur Akupunktur. Sie hat der Dame, die das bei ihr macht, nebenbei berichtet, dass ich vielleicht in die PKV wechseln würde. Ohne, dass die Frau überhaupt wusste, ob meine Frau ebenfalls davon betroffen sein würde (wäre sie nämlich nicht), sprudelte Sie gleich los: "Oh, das ist aber gut für Sie. Sie bekommen dann von mir nicht mehr die Rechnung. Ich schicke sie dann direkt an die PKV zur Abrechnung. Damit haben Sie dann nichts mehr zu tun. Die Kosten für TCH (traditionelle chinesische Medizin) werden ja zu 100% übernommen. Sie müssen sich dann nur nicht über den Beleg wundern. Da stehen dann nicht 120 EUR, sondern 166 EUR drauf. Das liegt an einem abweichenden Abrechnungsverfahren bei den PKV - da kann ich mehr Leistungen ansetzen." Meine Frau fragte dann, was sie denn davon habe. Da war sie etwas verwirrt... "Wieso was davon haben? Nur die Rechnung ist höher, sonst nichts."

Tja... und von einem befreundeten Arzt weiß ich, dass PKV Patienten regelmäßig als Belegträger missbraucht werden. Da stehen auf der Rechnung diverse Behandlungscodes und Abrechnungshöhen, die überhaupt nicht stattgefunden haben bzw. überhaupt nicht berechtigt sind. Den Patienten ist das meistens egal, weil sie die Konstrukte nicht verstehen. Es KANN aber sein, dass die PKV das irgendwann mal prüft und dann gibt es keine 100% Erstattung, sondern nur Anteile, solange die Ärzte unrechtmäßig mehr bzw. gar nicht erbrachte Leistungen berechnen. Und dann geht's in den bürokratischen Papierkrieg. Ist wohl nicht so selten, wie man es sich wünschen würde.

Ich hatte ein wirklich gutes Angebot von der Signal Iduna. Hier würden sogar die im alter ansteigenden Prämien aufgefangen, wenn man in jungen Jahren dafür mehr bezahlt. Kinder würden pauschal mit 50 EUR mitversichert und die Beitragsstabilität sah ebenfalls sehr gut aus (betrachtet wurden die letzten 8 Jahre). Aber aus o.g. Gründen schaffe ich es einfach nicht, mich dafür zu entscheiden. Will ich einer von den "besseren" Menschen werden, die beim Arzt, noch nicht ganz sitzend, gleich ins Behandlungszimmer verschwinden und über die dann zu Recht geschimpft wird? Nein.... krieg ich irgendwie nicht hin. Ich baue einfach auf die ländliche, nicht überlaufene Umgebung und hoffe, dass ich schnell einen Facharzttermin bekomme, wenn ich ihn mal brauche und dass ich beim Hausarzt (sobald ich mal einen habe) nicht länger als 2 Stunden im Wartezimmer gammeln muss.

Wenn ich mit der GKV einen furchtbaren Fehler mache, möge man mich darauf hinweisen ;)

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