Re:Arbeiten und Leben in Polen
von Singler am 31.05.16 um 10:39
Antwort auf: Re:Arbeiten und Leben in Polen von Border

>Der polnische Arbeitsmarkt wirkt auf den ersten Blick vielversprechend. Genau wie in Deutschland, gibt es aber auch in Polen schwarze Schafe, die versuchen, alles irgendwie hintenrum, inoffiziell,unter der Hand und nebenbei zu organisieren. Daher: alles schriftlich vereinbaren. Nicht enthaltene, wichtige Passagen in den Arbeitsvertrag einfügen lassen. Bestenfalls den Arbeitsvertrag (sollte er nur auf polnisch sein) von einem zertifizierten Amtsübersetzer übersetzen lassen und genau studieren.

IdR prüfe ich Verträge eh xmal, bevor ich irgendwo meinen Willy druntersetze, allerdings kenne ich mich mit dem polnischen Arbeitsrecht halt nicht aus. Klassische "deutsche" Formulierungen wie "mit dem Gehalt sind Überstunden pauschal abgegolten" erkennt man fix als sittenwidrig... mal schauen, wie der Vertrag letztlich aussieht.

>In der Regel funktioniert das gesetzliche Versichertenwesen wie in Deutschland auch. Als Arbeitnehmer bist du gesetzlich Pflichtversichert, hast die freie Wahl und bekommst die Prämie direkt vom Gehalt abgezogen. Privatversicherungen gibt es auch. Die sind in der Regel aber sehr viel teurer. Nicht so wie hier, wo es auch mal umgekehrt sein kann.
>Im Behandlungsfall unbedingt und bestenfalls schriftlich mit der Krankenkasse klären, ob die Kosten übernommen werden. Es kommt wohl immer wieder vor, dass plötzlich Rechnungen bezahlt werden sollen, weil die Krankenkasse angeblich die Leistungen nicht inklusive hat. Auch bei Ärzten sollte man immer sicher sein, dass es sich nicht um Privatärzte handelt. Die Ärzte in Polen wittern nicht selten das schnelle Geld und informieren dich _nach_ der Behandlung über die oft hohen Kosten.

Das ist mein größter Bammel... als Asthmatiker ist man halt öfter mal beim Doc. Mal sehen, was das wird ^^

>Grundsätzlich unterscheidet sich das Leben in Polen nicht unbedingt vom Leben in Deutschland. Es gibt schöne Städte und Ecken, es gibt aber auch regelrecht verlebte und verarmte Gebiete, wo es je Dorf nur ein Auto gibt, das aus dem Jahr 1068 stammt. Die Region Oberschlesien ist eher vergleichbar mit dem Ruhrgebiet. Arbeitervolk, Handwerk, Kohle, Proleten. So viel zu den Vorurteilen, die auch auf Schalke oder Castrop zutreffen :)

Oberschlesien ginge ja noch... nee, ist noch weiter östlich, im Karpartenvorland, quasi knapp vor der ukrainischen Grenze oO

>Lebensmitteltechnisch muss man sich etwas umstellen. Die Polen essen extrem deftig und extrem süß. Leider beides weniger qualitativ. Essen als Mittel zum Zweck. Genussmittelkönig sind sie nicht. Die polnischen Süßigkeiten (egal ob Schokoladengedöns oder Gummizeugs) ähneln optisch und geschmacklich eher dem, was in Deutschland bei Resterampen als NoName Süßigkeit verkauft wird. Es gibt aber durchaus Menschen, die tierisch drauf abfahren.
>Essen... also im Sinne von Gekochtem... kann sehr lecker sein, muss es aber nicht. In Polen gibt es noch viele traditionelle Gerichte, die man in Deutschland nur während des Kriegs oder kurz danach kannte. Auf der anderen Seite gibt es auch einige wirklich leckere Dinge.

Klingt nach "Selbstkochen"... nun gut, sollte auch kein Problem sein.

>Urlaubsgelegenheiten darf man auch erwähnen. Man mag nicht glauben, die schön es in manchen Orten in Nordpolen ist. Da ist der deutsche Ostseestrand ziemlich abgeschlagen.

Würde ich Südpolen hocken... also weeeeeeit weg von jeglichem Meeresstrand. Wobei ich Strände eh nicht mag.

>Die Sprache wirst du übrigens nicht lernen. Vergiss es. Ich spreche nach 8 Jahren 5 Worte polnisch. Grammatik und Wortvergewaltigung sind der Horror.

Mal sehen, wie potent Übersetzungs-Apps sind ^^

>Ach ja: da du ja türkischer (?) Abstammung bist: es gibt in Polen nicht gerade wenige Fremdenfeinde. Kaum zu vergleichen mit den Holzköpfen aus Freital oder den Freizeitglatzen bei NPD Umzügen. Die Typen da sind Hardliner und verdammt gefährliche Gesellen. Du solltest dich also vielleicht nicht unbedingt in einer ländlicheren Gegend niederlassen. Genau wie in Deutschland wird die politische Gesinnung vom Grad der Dummheit geprägt und auf dem Land fehlt es oft an weiterführenden Bildungseinrichtungen.

Meine Mutter ist zwar Türkin, aber a) sehe ich nicht wie ein Türke aus, b) bin ich Christ und c) mach ich mir eher Sorgen darüber, dass die Polen was gegen Deutsche haben könnten ^^ Der Job wäre auch eher in einer kleineren Stadt mit knapp 190.000 Einwohnern.

>Und das Wichtigste: Kurva! Merk dir das Wort. Offiziell bedeutet es so viel wie Schlampe, Fotze, Hure...
>Für die Polen ist das aber so etwas wie "und" oder "oder" oder "deswegen" geworden. Als würde ein Deutscher so was sagen wie: "Ich bin gestern Fotze durch die Stadt gefahren Fotze und Fooooootze musste voll fotzenstark Bremsen weil so eine fotzige Fotzenfotze mir vor mein Fotzenauto gefotzt ist, verfotzt noch mal, Fotze!"
>Und das ist KEIN Witz. Hör bei Gelegenheit mal kurz nach Feierabend zwei polnischen Handwerkern zu. Ich muss immer grinsen, wenn ich im Supermarkt an irgendeiner Kasse stehe und den Exemplaren begegne.

Lol... ;)


>Unterm Strich: Polen ist nicht sehr weit entfernt von Deutschland - die Systeme ähneln sich. Die Spuren des Sozialismus' sind hier und da noch nicht verzogen, Extreme jeglicher Art hier sind oft noch extremer dort. Du kannst dort gut leben und gut versorgt sein, solltest aber immer aufpassen, wer dir was genau andrehen möchte, weil die Chancen gut stehen, von jedem 5. über den Tisch gezogen zu werden. Ich war zweimal dort. Fand ich OK. Nicht schäbig, nicht überkriminell, nicht großartig... aber es gibt definitiv Schlimmeres. Arbeiten würde ich dort nicht wollen. Slawische Sprache machen Gehirn bläääärgh.

Ich bin, was Sprachen angeht, ein Madenhirn.... lerne was und hab es 5 Mins später wieder vergessen. Ich verstehe Englisch recht gut, höre es durch Filme und Serien regelmäßig und hab auch wenig Probleme, Bücher etc zu lesen. ABER wehe, ich soll was sagen. Dann ist aus. Keine Ahnung, wieso...

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