Re:kann mir jemand Religion erklären
von bizarro am 28.11.16 um 12:21
Antwort auf: Re:kann mir jemand Religion erklären von Border

>Dummerweise rauben einem die Religions-Heinis die Illusion der militanten Glaubensverteidigung. Meine Tante ist Ordensschwester und ihr bester Freund aus Jugendtagen ist Ordensbruder. Beide hochrangig in ihren jeweiligen Orden und beide mit intensiven Verbindungen zum Vatikan. Diskutier mit denen mal über Religion und Glauben. In den meisten Fällen geben sie dir sogar Recht :)

Ok, danke für den Einblick. Mein Leben findet auf einer religionsfreien Insel statt, niemand meiner Verwandten, Bekannten und Freunde hat ansatzweise was mit der Kirche zu tun oder ist gläubig.

>Meine Tante beklagt seit Jahrzehnten die Entwicklung der Kirche und die dogmatischen Gewissens-Verankerungen. Der Pater z.B. verurteilt den Zölibat zutiefst und alle beide leben ihren Glauben auf eine etwas andere Art als streng vorgeschrieben.

ah, *nudge**nudge** say no more, say no more... ;-)

>Tolle Frau, meine Tante. Ich erinnere mich noch an Kindertage, wenn ich mit ihr im Auto war und ihr wieder mal ein "Nu fahr doch, du Vollidiot!" rausgerutscht ist. Wenn ich fragte: "Was sagt denn liebe Gott dazu, wenn du so fluchst?", antwortete sie immer etwas wie: "Ach, der kennt mich schon ein paar Jahre. Wir haben 'ne Vereinbarung. Ich fluche nur außer Haus und dafür hat er mich abends wieder lieb." Ich fand das immer super :)

Das klingt schön schrullig, so was würd ich auch mögen.

>Leider nein :(
>Im Polen der 50er und 60er Jahre gab es zwei Gesetze: der Sozialismus steht mit all seinen Maßnahmen über allem und die Kirche, Gott, Jesus und der Papst sind neben dem Sozialismus der Inhalt deines Lebens. Als meine Schwiegermutter zum ersten Mal meiner Tante begegnete, machte sie einen Kniefall, küsste ihren Handrücken und flüsterte dreimal hintereinander "Sie sind heilige Frau, danke, danke.", weil sie ihr zur Begrüßung die Hand geben wollte.
>Meine Tante später (es war bei unserer Hochzeit): "Die merkt auch nicht mehr SO viel, oder?"
>
>Du kannst solche Menschen dafür aber wenig verurteilen. Die sind so aufgewachsen und haben 40 Jahre so gelebt. Entsprechend findet man in der Bildung unfassbare Defizite. Gleichzeitig lebt die Religion aber vor, du musst Vater und Mutter ehren. Das wird so ausgelegt, dass Vater und Mutter immer Recht haben. Auch hier... absolut keine Diskussion möglich. Wenn Schwiegermutter sagt, dass Leben funktioniert so, wie sie es sagt, dann ist das so. Punkt!
>Und das schlimmste aller Gefühle ist, wenn man zugeben muss, dass es anders gekommen ist oder läuft als sie es sagte. Weil das so gemein ist, wird NICHTS zugegeben oder entschuldigt. Gar nichts. Auch gut: das Bitten um einen Gefallen... das läuft ungefähr so: "Du musst Donnerstagabend helfen. Ich bin ab 18 Uhr zu Hause. Kommst du um 18:30 Uhr." Kein Bitte, kein "hättest du Zeit?", kein "Darf ich kurz stören..." nope... Tacheles und Vollgas-Forderung. Und wenn sie dir mal einen Gefallen tut, wird dir das Jahre vorgehalten, kombiniert mit der "Wir hatten ja nichts"-Rede. Im Hintergrund hört man dann eine traurige Geige fideln. Ein Gefallen ist übrigens so etwas wie ein Geburtstagsgeschenk, das man absolut nicht brauchen kann. Ein Rasierwasser, das nach totem Aal riecht oder ein polnischer Schnaps, von dem Pferde blind werden. ABER es wurde geschenkt und deswegen ist man sein Leben lang gefälligst dankbar.
>
>Tjaja... so ist das :D

Krass. Da kannst du ja froh sein, dass ihre Tochter nicht der Mutter nach geraten ist...
biz'

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