Mit 33 und einem Kleinkind Studium beginnen und Job kündigen
von Border am 26.09.17 um 14:56
Antwort auf: Frag das PCX-Forum 3 von Pascal Parvex

Nein, hier geht es nicht um nich (ich bin ja schließlich alt!!!1), sondern um meine Frau.
Disclaimer: ich schreibe das Folgende einfach mal ungefiltert runter. Mir gehen dabei tausend Dinge durch den Kopf... :-/

Nachdem meine Frau nun 12 Jahre als gelernte Bestatterin gearbeitet hat und in jedem Betrieb (mittlerweile sind es 6!) das gleiche Bild vorfindet, hat sie einen Entschluss gefasst. Ach ja... das Bild: Bestatter sind oft Familienunternehmen und aufgrund der fehlenden Tarifbindung werden Angestellte in der Regel wie Sklaven gehalten, während der Inhaber selbst sich die Taschen vollmacht, Porsche Cayenne (schreibt man den so?) fährt und dreimal im Jahr die Karibik besucht. Mal so als Beispiel: 40 Stunden/Woche stehen im Vertrag und die sind dann Freitagabend auch "gearbeitet". Die Rufbereitschaft von 17 bis 8 Uhr und die Beerdigungen und Wochenenddienste Samstag/Sonntag mit jeweils ca. 4-5 Stunden werden nicht gerechnet, weil es im Vertrag ja so schön heißt "Überstunden sind in Kauf zu nehmen und mit dem Gehalt abgegolten". Die wöchentliche Arbeitszeit steigt also gerne auch auf 50 Stunden, ohne die Rufbereitschaft einzurechnen. Man kann sich vorstellen, wieviel Zeit für die Familie bleibt. Immerhin gibt's für den Abfuck dann oberkrasse 2.200 EUR brutto monatlich. Tusch!

Aber genug der Jammerei, es geht ja um etwas anderes:
Meine Frau wollte eigentlich schon seit dem Abitur Lehramt studieren und wäre sehr gerne Grundschullehrerin geworden. Leider war sie in ihrer Jugend aber gezwungen, schnell Geld zu verdienen und zu arbeiten, was ein Studium verhindert hat. Nun hat sie vor einem halben Jahr eine alte Freundin wiedergetroffen, mit der sie vor 15 Jahren rumgesponnen hat, man wolle gemeinsam Lehramt studieren. Die Freundin hat vor 10 Jahren dann genau das gemacht. Sie schwärmte und war voll des Lobes zu ihrem damaligen Entschluss. Hinzu kommt, dass sie für etwas, was sie unglaublich gern macht, verhältnismäßig gutes Geld verdient (ihr Einstiegsgehalt lag bei 1.600 € MEHR als das meiner Frau nach 12 Jahren Berufserfahrung!). Klar... Privatversicherung etc. muss man abziehen, aber unterm Strich bleibt ein dicker, fetter Batzen Kohle, den sie vorher nirgends verdient hat. Und in NRW wird gerade wieder verbeamtet wie Sau, weil die Lehrerstellen nicht besetzt sind und scheinbar keiner mehr Lehramt studieren will (oder Kevin und Schantall das einfach nicht packen, ey).

Problem: meine Frau ist 33, wir haben vor 14 Monaten unsere Tochter bekommen, sie hat während der Elternzeit den Betrieb gewechselt, befindet sich jetzt in Halbtagsanstellung (hehe... halbe Kohle für Montag bis Samstag jeweils 5 Stunden... 30 Stunden ackern für 20 Stunden Kohle... ja, ja, ist ja schon gut! ;)) und würde nichts lieber tun, als sich morgen bei der Uni einzuschreiben. Da sie mittlerweile psychisch und physisch vollends durch ist, wäre es ihr sogar noch lieber, morgen vorab hinzuschmeißen. Geht natürlich nicht. Arbeitsamt, Elternzeit, Sperrzeit etc.
Sie war in ihrem Leben noch nie arbeitslos (ich auch nur 3 Moante) - das ist einfach irgendwie nicht unser Lösungsansatz. Lieber ausscheiden nach Plan und direkter Übergang ins Studium oder so.

Dummerweise stehen uns da gerade so viele Gedanken und Ängste im Weg. Allem voran natürlich unsere Tochter. Wir haben eine Tagesmutter, die sich von 8 bis 13:30 Uhr um die Kleine kümmert. Vormittags Uni wäre also kein großes Thema. Nachmittagskurs wären da schon problematischer, weil die Tagesmutter ab 15 Uhr "dicht macht". So weit ich das mitbekommen habe, gibt es am Campus aber auch Betreuungsmöglichkeiten für studierende Mütter - das ist also kein allzu unüberwindbares Hindernis.

Das Mega-Problem ist die liebe Kohle. Da wir beide immer in Vollzeit gearbeitet verdient haben, leisten wir uns 2 Autos, was nicht anders geht, weil wir beide mobil sein müssen. Die Wohnung frisst 1.000 EUR im Monat und wenn sie aufhört zu arbeiten, fehlen auf einen Schlag 860 EUR von der Halbtagsstelle, die ich alleine nicht mit meinem Gehalt auffangen kann, um die Kosten zu decken. Klar ist also, dass wir uns in erster Linie wohl in der Wohnsituation verkleinern werden müssen. Wir werden es aber nicht schaffen, monatlich so viel einzusparen, dass wir auf 860 EUR kommen.

Gibt es hier jemanden, der diese Erfahrung mal gemacht hat? Tipps? Tricks? Was kann man tun?
Ich hatte schon mal überlegt, einen Kredit auf 10 Jahre mit Sondertilgungsrecht aufzunehmen. Die Studienzeit inkl. Referendariat beträgt wohl 5 Jahre. Wenn man 5 Jahre lang Kindererziehung und Studium unter einen Hut bekommen und die Rechnungen weiter zahlen will, braucht man minimum 500 EUR im Monat.
Macht 30.000 EUR. Mit einem wirklich guten Zinssatz liegt die monatliche Rate auf 10 Jahre allerdings bei über 300 EUR. Kann man also auch gleich wieder vergessen.
Neulich habe ich dann irgendwas von einem KFW-Darlehen für Studierende gehört. Blicke aber nicht so ganz durch, wann man so etwas unter welchen Bedingungen beantragen kann.

Fakt ist, dass ich meine Frau voll unterstützen will und ihr das irgendwie ermöglichen will. Sie hat 12 Jahre lang Scheiße gefressen und sich beinahe kaputtgearbeitet für diese Mistbranche. Sie soll einfach endlich tun können, was sie sich schon immer gewünscht hat. Und so langsam frage ich mich, wie man so etwas anstellen soll. Wir haben alle laufenden Kosten aufgelistet (haben wir eh immer aktuell) und geschaut, worauf man verzichten kann. Selbst, wenn wir jeglichen Luxus abstellen, kommen wir im Leben nicht in den Bereich, wo ich die Familie allein "tragen" könnte.

Habt ihr da Erfahrungen? Gibt es etwas, was ich unbedingt checken sollte? Man hört immer wieder, wie Menschen einfach so noch mal ein Studium begonnen haben. Aus heutiger Sicht kann ich dazu aber nur annehmen, dass die 100.000 Kohlen auf der Kante hatten.

Irgendwie muss man so was doch starten können! :(

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