Star Trek Voyager & Enterprise (echte Überraschung)
von Triggerhappy am 21.12.17 um 13:48
Antwort auf: Der Serien Thread von Schallmauer

Habe meinen Star-Trek-Marathon fortgesetzt. Voyager war genauso "meh", wie ich es in Erinnerung hatte. Hat durchaus einige Höhen wie ein paar für Star-Trek-Verhältnisse relativ starke Charaktere, aber auch viele Tiefen und ist insgesamt einfach ziemlich ... belanglos. Das Ende ist dann auch sehr unbefriedigend. Wirkt überhastet und unpassend, als ob eigentlich noch eine weitere Staffel geplant war.

Star Trek Enterprise war dafür eine wirklich positive Überraschung. Hatte damals bei der Erstausstrahlung, glaube ich, nur ein, zwei Folgen gesehen, die Sets für "viel zu modern für eine Serie, die vor dem Original spielt" befunden und abgebrochen. Das war aber ein Fehler. Ja, im Vergleich zu Kirk's Enterprise wirkt die Technik unweigerlich moderner, aber das stört einen bestenfalls ein paar Folgen, dann kann man das ignorieren. Und die Macher geben sich wirklich Mühe, das Schiff und die Technik als unerprobt, behelfsmäßig und alles in allem viel näher an unserer Zeit darzustellen, als man das aus später angesiedelten Serien kennt. Es gibt halt noch keinen Replikator, sondern eine Schiffskoch ...

Egal, was die Hauptsache ist: Die Serie ist inhaltlich um LÄNGEN besser als Voyager, Deep Space Nine, TOS und teilweise auch TNG. Zunächst mal wirkt die ganze Machart einfach viel moderner. Ja, man merkt der Serie immer noch an, dass sie fürs Werbefernsehen gemacht wurde. Die ist schon noch deutlich vor der Ära Netflix entstanden. Aber sie ist dennoch deutlich näher an eben heutigen Pay-TV-Serien als das die früheren Star-Trek-Staffeln waren. Beispielsweise sind überhängende Story-Bögen, Doppel- oder Tripel-Folgen bei Enterprise eher die Regel als die Ausnahme. Es geht noch relativ lahm (aber durchaus noch ordentlich) los, die erste Staffel ist eine teilweise recht langatmige Einführung in das Universum, das Schiff und die Charaktere (wobei da eben im Vergleich zu den Vorgängern so viel anders ist, dass man das durchaus vertreten kann). Die zweite Staffel lässt dann aber schon deutlich mehr Potential erahnen. Und die dritte ... hat einen durchgehenden Story-Bogen. Die komplette Staffel. Für Star-Trek-Verhältnisse geradezu revolutionär. Ja, es gibt immer noch kleine Atempausen zwischendurch, aber nicht in dem Umfang von Voyager oder DS9, wo man den rote Faden ja regelmäßig komplett aus den Augen verloren hat. Der einzige Wermutstropfen ist, dass die ganze übergreifende Hintergrundgeschichte mal wieder so eine unelegante Zeitreisen-Chose ist ... Ändert aber nichts daran, dass die Folgen für sich genommen trotzdem größtenteils spannend sind. (Am Anfang der Staffel 4 haben sie's dann aber echt übertrieben ... das erinnert dann doch eher an Iron Sky als an Star Trek).

Notizen:

- deutlich "dunkler" als die früheren Serien: Sklaverei, Drogen, Sex, für Star-Trek-Verhälntisse relativ gewalttäg (aber passend, nicht "um der Action willen")
- geile Kulissen und Kostüme, extrem viel Abwechslung (könnte mir vorstellen, dass die Serie einfach zu teuer war und deshalb abgesägt wurde)
- teilweise sehr netter Fan-Service, z.B. haben sie sich extra eine Story einfallen lassen, warum die Klingonen "zwischendurch" (also in TOS) so komisch aussehen (Fans werden allerdings trotzdem viele Ungereimtheiten decken, die sich nicht mit den "früheren" Universen decken)
- interessante Hintergründe aus dem Entstehungsprozess der Föderation, wiedersehen mit vielen "klassischen" Völkern wie den Andorianern (die Blauen mit den putzigen Hörnchen), teilweise aber in ungewohnten "Rollen" (Vulkanier als Kriegstreiber)
- trotz aller Action und Spannung bleibt immer noch Zeit für die "philosophischen" Folgen zwischendurch, die Star Trek für mich mal ausgemacht haben


Ich will jetzt nicht zu viel sabbeln, aber ich kann Enterprise allen Star Trek-Interessierten, die die Serie bislang aus ähnlichen Gründen wie ich ignoriert haben, wirklich wärmstens empfehlen. Sie ist beileibe nicht perfekt, beispielsweise ähneln sich drei der Hauptcharaktere viel zu sehr, und die Computereffekte wirken manchmal arg billig, aber unterm Strich absolut sehenswert. Und obwohl die Serie ja "schon" nach vier Staffeln eingestellt wurde, ist sogar das Ende befriedigender als bei Voyager.


Tja, mir bleibt jetzt nur noch TOS, dann kann ich das Netflix-Abo eigentlich wieder kündigen. Sonst interessiert mich da kaum was. Die aktuelle Trek-Serie möchte ich erst gar nicht sehen, da bin ich zu voreingenommen. Ich kucke sie dann irgendwann hinterher, wenn sie abgeschlossen ist.

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