Re:Aaah!
von Border am 14.08.19 um 10:00
Antwort auf: Re:Aaah! von Buttplug

>>>Ja, hiessest du nicht erst "Borderlinez"?
>Hm, ich hatte Dich unterschwellig tatsächlich als Borderliner abgespeichert - wobei eine Persönlichkeitsstörung für mich selbst nicht negativ belegt ist - sondern einfach als Krankheit zu sehen ist und ich dachte, dass Du es halt einfach im Griff hast.

Nein, nicht ganz. Borderline wäre zwar eine mögliche Ausprägung, aber womit ich zu tun hatte, war eine schwere Depression, die in Begleitung eines schleichenden Burnouts kam, der dann ziemlich schnell ziemlich akut wurde und mich im wahrsten Sinne des Wortes auf die Bretter geschickt hat.

Das war 2012. „War“ wäre allerdings der falsche Tempus. Ich denke, das ist in etwa so wie beim Alkoholismus. Das begleitet einen ja auch ein Leben lang - und wenn es „nur“ der ständige Widerstand und nicht das Trinken ist. Ich wurde quasi 2012 nach einem Zusammenbruch mit gerade mal 32 von meinem Arzt regelrecht stillgelegt und per Eilantrag in Reha geschickt, nachdem er ständig Pulsrasen, viel zu hohen Blutdruck und zunehmende Überforderung in Alltagssituationen festgestellt hatte. Fun Fact: der Eilantrag zog sich 6 Monate...

Da habe ich jedenfalls 8 Wochen lang gelernt, wie ich mit Vor- und Anzeichen umgehen muss, wie ich dafür sorge, dass dieser Zustand möglichst nicht mehr eintritt und wie ich mich im Alltag selbst zurücknehmen und „zur Brust nehmen“ kann, um die Situation rational bewerten und ändern zu können. Kommt auch heute noch mehr oder weniger regelmäßig vor, weil ich halt dazu neige, ein perfektionistisches Arbeitstier zu sein - wahrscheinlich, um unbewusst Anerkennung zu erhalten, obwohl mir diese als solche wiederum eher unangenehm ist. Ist schon eklig, dieser Widerspruch. Alles, was nicht den Status "fertig" hat, bereitet mir Unwohlsein, wenn ich nicht penibel reflektiere und mich nicht selbst immer mal wieder frage, was der Blödsinn eigentlich soll. Im Bewerbungsgespräch der absolute Bringer: „Meine größte Schwäche ist, dass ich nicht aufhören kann zu arbeiten, solange es nicht perfekt ist - und dabei erledige ich die Jobs von drei Leuten gleichzeitig und bin dennoch verdammt schnell.“ Gut, dass ich seit 12 Jahren in derselben Firma bin und keinen neuen Job suche :D
Ich arbeite heute im Schnitt trotzdem 9-10 Stunden pro Tag und fülle tatsächlich in Personal-Union locker 2-3 Stellen aus. Allerdings bin ich mir im Gegensatz zu damals jedem Schritt bewusst und erkenne Signale.

In der Reha gab's allerdings einige Borderline-Patienten - manche mit mehr, manche mit weniger ausgeprägtem Krankheitsbild. Das ist schon noch mal ein anderes Kaliber - vor allem in Sachen Selbstverletzung und spontaner Stimmungsschwankung bis hin zum Wutausbruch mit Personen- oder Materialschaden etc.

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